Bretagne, Frankreich. Nicht auf ihre Zähne zu schauen, erfordert enorme Konzentration.
Vielleicht hat sie noch zehn oder elf Stück, die vereinzelt aus dem Zahnfleisch ragen, ganz klein, spitz und schwarz. Wenn man den Blick von den Zähnen auf ihre Augen wendet, sieht man, dass sie eigentlich sehr hübsch ist. Die dunkelbraunen Augen lachen und passen so gar nicht zu dem, was sie uns in ihrem britischen Englisch erzählt.
Eigentlich kommt sie aus einem Vorort von London, ging vor einiger Zeit nach Frankreich und lebte mit ihrem Ex-Freund in diesem alten Wohnwagen in der Bretagne. Doch der Typ hat sie hier auf dem Parkplatz in der Rue de la Gare im Caravan mit den zwei Hündinnen und fünf Welpen zurückgelassen und ist auf unbestimmte Zeit verschwunden. Um den Wohnwagen herum liegen leere Kanister, Tüten, Kartons, ein kaputter Stuhl, Hundefutter und eine verdorrte Topfpflanze. Sie weiß nicht, ob er überhaupt zurückkehren wird – und falls nicht, wie soll sie dann überhaupt von hier weg kommen?
Sie weiß nicht, ob ihr Freund zurückkommt und wie sie überhaupt jemals diesen einsamen Parkplatz verlassen soll.
Von unserem Handy aus ruft sie eine Bekannte an, deren Nummer sie aufgeschrieben hatte, die solle herkommen und sie abholen. Die Antwort schien nicht sonderlich positiv, doch bei der nächsten Nummer geht nur die Mailbox ran. Wenigstens etwas – wir sind die ersten, sagt sie, die sie überhaupt telefonieren lassen. Das liege an ihren Zähnen, meint sie, die machen den Menschen Angst.
Wir wünschen ihr viel Glück und fahren los und ärgern uns erst viel zu spät darüber, dass wir uns nicht zu ihr gesetzt und sie gebeten haben, uns ihre ganze Geschichte zu erzählen.
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