Souss-Massa-Draâ, Marokko. Ich stellte mir Taghazout vor, wie das Kuta von Bali: ein stickiger, lauter Moloch, in dem blasse Mädchen mit frisch geflochtenen Cornrows Pizza essen gehen und später Caipirnhas neben Go-Go-Tänzern und einer Gruppe Jungs mit Surfmarken-Shirts in einer Reggaebar runterspülen. Wie der sündige Fleck im religiösen, bescheidenen Land, der geduldet, gebraucht und verachtet wird.
Ich stellte mir Taghazout vor, wie das Kuta von Bali: ein stickiger, lauter Moloch.
Diese Erinnerungen an Kuta vermischten sich mit Ratschlägen („Da haltet ihr es keine zwei Tage aus – die Surfcamps bevölkern jeden Meter“) und Gelesenem. So schrieb der Lonely Planet schon 2009: „Once famous for calamari and hippies, … soon it will be known as one of its (Marocco’s) largest resorts: at the time of our visit, bulldozers were leveling the ground between Tamraght and Taghazout villages… though it will be some years before all 20,000 beds are ready.“ Ein anderer Reiseführer warnte, Plätze auf den Klippen mit frei stehenden Bussen würden gnadenlos von der Polizei geräumt werden.
Mit ziemlich runtergefahrenen Erwartungen an den Ort und die Landschaft, aber der Hoffnung auf gute Wellen fahren wir die Küstenstraße entlang. Was wir sehen rüttelt schnell an unseren Vorurteilen: Zum einen sind die Spots längst nicht so überfüllt, wie befürchtet; statt fünfzig paddeln zwanzig Leute am Peak, der großzügig gute Sets verschenkt. Zum anderen stehen immer mal wieder Busse auf den Klippen, die hier auch zu schlafen scheinen.
Und Taghazout besteht im Grunde aus einer etwa einem Kilometer langen Straße, die rechts und links von unzähligen kleinen „Onkel-Hassan-Läden“, Cafés und Surfshops gesäumt ist, in deren oberen Stockwerken Hostels oder kleine Apartments liegen. Auf den Terrassen sitzen Grüppchen in Surf-Shorts, Hemden und ohne Cornrows und blicken auf ihre Smartphones, während ein paar Wetsuits über dem Geländer in minutenschnelle trocknen.
Pickups reihen sich zwischen die bunten und zusammengeschusterten Autos der Einheimischen und laden Surfbretter ein und aus. Zwischen den Häusern führen schmale Gassen hinauf zu vielen kleinen, dunklen Querwegen und hinab zum steinigen Strand. Im Schatten der dunkelblauen Fischerboote liegen Katzen und einige Fischer sitzen im Kreis und spielen Karten. Oberhalb an der schmalen Promenade reihen sich noch zwei drei buntbemalte Cafés aneinander.
Was der Lonely Planet schon vor fünf Jahren schrieb, hätte auch von heute stammen können: der lange Küstenabschnitt hinter Taghazout wird links und rechts der Straße von Bulldozern und Kränen bearbeitet. Große, verblasste Banner kündigen die „Taghazout Bay“ an, die hier bis 2020 entstehen soll. Ein riesiges Resort, das sich fünf Kilometer an der Küste entlang zieht und sich mit einer Größe von über 600 Hektar bis ins Hinterland ausdehnt: eine Komposition aus „world-class hotels“, einem „beach club and a Medina, as well as golf, tennis, surf and football acadamies“.
Große Banner kündigen die „Taghazout Bay“ an, die hier bis 2020 entstehen soll.
Aber bis jetzt suchen sich viele Busse und Mobile ein kleines Plätzchen auf den Klippen zwischen den noch stehenden Bäumen.
Doch wenn irgendwann in der nahen Zukunft die wild Camper auf organisierte Plätze umgesiedelt werden, zieht die riesige Karawane aus Hippie-Bussen und Plastic-Fantastic-Mobilen wohlmöglich weiter gen Süden. In zwanzig Jahren sitzen sie dann im Senegal unter ihren Sonnensegeln und Markisen und denken an die schöne Küste von Marokko zurück, an der sie jetzt bei An- und Abreise möglichst schnell über die große Autobahn vorbei fahren.
Februar 2014 / Hauptsaison
Der nächstgelegene Break Hash Point auf Surf Forecast
Taghazout Bay Resort Webseite
Drei Jahre später hat sich in Taghazout nicht viel verändert. Es sieht immer noch genauso aus, wie du es beschrieben hast und wird hoffentlich auch noch lang so bleiben 🙂
Das ist schön Lou! Danke für die Info 🙂
Herrliche Bilder! Vielen Dank für den Tipp 🙂
Gerne! Freut uns!