Bretagne, Frankreich. „Finistère ist im Juli und August völlig überlaufen“, schreibt der Lonely Planet über den nordwestlichen Zipfel der Bretagne. „Vor allem Crozon besucht man besser in der Nebensaison“. Doch die Erinnerung an die blühende Landschaft und den guten Surf vor ein paar Jahren sowie der Wunsch nach Sonne und Wärme sind so stark, dass wir die Menschenmassen in Kauf nehmen wollen. Mit etwas Glück fände man sicher im Inland irgendwo einen Parkplatz zum Schlafen und wenn man morgens bei Sonnenaufgang gleich zum Strand führe dort sicher auch einen zum Stehen.
So geht es von der normannischen Küste quer durch die Bretagne und ihren einzigen Regionalpark, den Parc Naturel Régional d`Armorique, auf die kleine Halbinsel, die eingerahmt von den Buchten Rade de Brest im Norden und Baie de Douarnenez im Süden ihre Arme in den Atlantik streckt.
Wir fahren auf einer schmalen Straße, die sich die weiten Hügel der Presqu-ile de Crozon hinab schlängelt. Links und rechts blühen dicke, große Teppiche rötlich-lila. Würde nicht weiter unten zwischen den geschwungenen Tälern das dunkle Meer blitzen – man könnte meinen, durch die Lüneburger Heide zu fahren. Vorbei an der Stadt Crozon, die den gleichen Namen trägt wie die Halbinsel selbst, fahren wir zwischen den Hügeln hinab zur Südwest-Küste.
Es ist Sonntag. Es ist Nachmittag. Und auf dem kleinen Parkplatz vor den grünen Dünen findet sich zwischen den französischen Autos noch genügend Platz für unseren großen Bus. Die Bucht von Lostmarc`h wird großzügig von zwei Klippen umarmt und an ihrem geschwungenen Strand liegen vereinzelt Familien oder zurückgelassene Häufchen aus Wetsuit-Beutel, Shorts und T-Shirt. Die Wellen sind nicht fantastisch, aber für August am französischen Atlantik erstaunlich gut. Zudem ist die Stimmung auf dem Wasser so entspannt wie am Strand. Campen ist leider Nachts verboten, sagt ein Schild, und so machen wir uns noch im Hellen auf, irgendwo einen Schlafplatz zu finden.
Direkt am Ortsrand von Crozon stehen verstreut ein paar Wohnmobile auf einem großen Parkplatz. Verwundert fragen wir eine britische Familie: „Doch, klar kann man hier schlafen. Dort vorne gibt es auch kostenlos Wasser zum Tank auffüllen, wenn man möchte!“ Wir sitzen vorm Bus, es ist warm und die Entscheidung, nicht auf den Reiseführer gehört zu haben, fühlt sich sehr, sehr gut an.
Wir sitzen vorm Bus, es ist warm und die Entscheidung, nicht auf den Reiseführer gehört zu haben, fühlt sich sehr, sehr gut an.
Die Zeiten ändern sich (siehe Kommentare) Nach einem weiteren Tag am Strand entdecken wir Abends in einer Bucht etwas weiter nördlich ein paar Busse auf dem Strandparkplatz, die nicht so aussehen, als würden sie hier heute noch wegfahren. Wetsuits hängen an der Dachrehling, Stühle sind aufgeklappt und Fahrräder angelehnt. „Wir stehen hier jedes Jahr“ sagt ein Mädchen, dass mit einem riesigen grünen Bus aus Deutschland hier ist. „Oben steht zwar ein Schild, Campen verboten, aber die Polizei, die hier ab und zu vorbei fährt, hat noch nie was gesagt.“
Und so stehen wir direkt am schmalen Holzzaun, der die Dünengräser umringt und Blicken aus der Tür auf den leeren breiten Plage de Goulien, die Sonne geht unter, der Himmel wird bunt – und wir verstehen es nicht. Warum ist es hier zur absoluten Hochsaison nur so entspannt? Selbst als am nächsten Nachmittag viele französische Familien und Urlauber vom benachbarten Campingplatz vom blauen Himmel angelockt werden und der Strand durch die hohe Flut nur noch ein paar Meter breit ist, gibt es kein Gedränge.
Liegt es daran, dass die Kapazitäten begrenzt sind? Crozon ist zwar ein kleines Städtchen mit einigen Ferienwohnungen und viele der Steinhäuser die über die Insel verteilt liegen werden in den Sommermonaten vermietet. Aber von großen Hotels, privaten Strandhäusern oder riesigen Camping- und Stellplätzen ist weit und breit nichts zu sehen. Dafür viel unberührte Natur.
Große Hotels, private Strandhäuser oder riesige Camping- und Stellplätze sucht man hier vergebens.
Eine Baugenehmigung ist hier sehr schwer zu bekommen, erzählt mir Martin, der auf einem Wanderweg freundlich grüßt. Sein kleines schmutzig-weißes Hündchen möchte weiter, doch er, der hier zu Hause ist, nimmt sich die Zeit und erzählt, dass es überall auf Crozon Gesetze gibt, die das Bauen im Regionalpark stark einschränken oder meist ganz verbieten. Zudem sind die Küsten zusätzlich durch den Parc naturel marin d`Iroise geschützt. Auch die Häuser dürfen von den Besitzern nicht ohne Genehmigung erweitert oder ausgebaut werden. Und so ragen die grünen Klippen unbebaut ins Meer und die weiten Hügel voll von Heidekraut, Ginster und Geißblatt reichen fast überall bis zu den einsamen Dünen.
Nach unseren Erlebnissen schreiben wir die Passage im Reiseführer neu:
„Nehmen Sie den weiten Weg bis zum Finistère, bretonisch Pen-ar-Bed, dem Ende der Erde auf sich, wenn es an den Stränden entlang der Atlantikküste von Nantes bis Biarritz in den Ferienmonaten Juli und August besonders hoch hergeht. Auch wenn die Halbinsel Crozon längst kein Geheimtipp mehr ist, findet man hier, wo das französische Festland im Atlantik versinkt, einsame Klippen und genug Platz am Strand, um einen entspannten Tag zu verbringen.“
August 2013 / Hauptsaison
3 Kommentare
Liebe Katharina ,
vielen Dank du Flitzpiepe! Wir schreiben das Jahr 2017 und dank solcher Aufrufe an die Massen die strandnahen Parkplätze zum Campen zu missbrauchen, ist die Polizei hier in Crozon deutlich unentspannter geworden. Wenn man sowas gefunden hat, sollte man einfach mal die Klappe halten.
Hallo Karl, ich bin mir nicht sicher ob du da die Reichweite unserer Seite ein wenig überschätzt. Der Platz ist glaube ich kein Geheimtip, gib das mal auf Googel ein, da ist man bei „Stellplatz Crozon“ beim zweiten Link gleich fündig und findet unter meinwomo.net gleich noch 10 andere Alternativen.
Urlaub im WoMo oder Bus wird einfach immer beliebter und wenn wir zu dieser Beliebtheit beigetragen haben dann wage ich zu bezweifeln, dass das großartig messbar wäre 🙂 Es sind einfach mehr Leute unterwegs. Diese erhöhte Zahl führt dann ganz konkret dazu, dass es an gewissen Stellen Probleme gibt. Ich gebe dir aber Recht, dass jeder, der sich entscheidet dort zu stehen, was wir auch gemacht haben, dazu beigetragen hat die heutige Situation herbeizuführen.
Der von uns beschriebene Platz war ja als Stellplatz nur durch die Dreistigkeit der Camper und auch uns möglich. Schon damals standen da Schilder, dass man da nicht übernachten soll. Solange da eine überschaubare Menge an Campern steht, was bei uns noch so war, ist das für niemanden ein Problem, sobald der gesamte Parkplatz zum Stellplatz wird, haben alle Touristen und vor allem auch die Einheimischen die einen Tag am Strand verbringen wollen das Problem einen Parkplatz zu ergattern. Ich bin da in den letzten Jahren viel sensibler geworden. So wie damals würden wir den Artikel wohl nicht mehr schreiben. Besucherzahlen hin oder her.
Ich finde, dass man da auch von unserer Seite, den Leuten in den Bussen, etwas mehr Rücksicht erwarten könnte. Genau oberhalb des Parkplatzes gibt es ja einerseits einen Stellplatz, halt nicht genau am Wasser, und noch weiter oben dann einen Campingplatz. Da kann sich dann auch jeder Camper selbstständig entschließen etwas Raum zu lassen für Einheimische und ihre Autos. Das würden wir heute wohl eher machen und den Leuten raten in den Sommermonaten. Wenn das öfters passieren würde, wäre die Polizei sicher auch entspannter.
Wir sind gerade zurück aus Nordspanien, wo wir wieder mal in Gerra standen, da gibts ne riesen Wiese, kostet einen zehner am Tag, Strand zu Fuß, Wasser und ne Dusche. Und wie war die Situation? Vorne am Strand, genau gegenüber der Einfahrt zur Wiese, ein kleiner Parkplatz, komplett voll mit WoMos und Bussen, ein Verbotsschild ist da, aber das interessiert niemanden, der Platz ist für Einheimische also meistens voll, die müssen dann auch auf die Wiese und einen 5er zum parken zahlen. Die Gegend da ist super tolerant aber wenn das da so weitergeht wird die Polizei auch da härter durchgreifen, einfach weils den Einheimischen immer mehr auf den Sack geht.
Ich glaube es ist nicht realistisch von sinkenden Zahlen im Bereich der WoMo und Bus Liebhaber auszugehen, wir könnten aber alle gemeinsam drüber nachdenken wie wir mit dieser Situation umgehen und was wir selber einbringen können um die Situation zu entschärfen.
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Nichtsdestotrotz kann ich dich sehr gut verstehen und ich spiele schon länger mit dem Gedanken die ganzen Ortsinfos rauszunehmen. Die Berichte sind von 2013, viel hat sich verändert, und wir haben hier seit 2 Jahren quasi nichts mehr gepostet und wenn wir wirklich dazu beitragen können die Lage zu entschärfen, machen wir das sehr gerne!
Wir halten die Seite noch am Leben, einfach weil wir uns selbst gerne an die Zeit erinnern, wir haben hier aber nichts Großes mehr vor. Wir haben das damals gemacht weil wir Freude dran hatten unsere Erlebnisse festzuhalten und sie in eine Form zu bringen, vier Jahre später hat es in unserer jetztigen Welt doch schon einen schalen Beigeschmack der Selbstdarstellung.
Wir wollten aber ja auch nie hier landen:
http://www.newyorker.com/magazine/2017/04/24/vanlife-the-bohemian-social-media-movement
und schließen bald ab mit einem Bericht von Mike, der 1972 mit einem VW über 4,5 Jahre bis nach Südafrika gefahren ist. Würde er jetzt wieder fahren, hätte sich wohl auch vieles verändert.
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Danke auf jeden Fall für deine Mail, scheint mir ein guter Startpunkt zu sein das Ende einzuläuten und zu reflektieren.
Ich wünsch dir ganz viel Spaß bei deinem Hobby, dass du mit uns und so vielen anderen teilst, und einen wunderschönen Urlaub!
Basti
Hier noch ein paar Fakten, die Zahlen steigen, 64 000 Wohnmobile mehr im Vergleich zu 2013.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/152231/umfrage/anzahl-der-wohnmobile-in-deutschland/
https://www.civd.de/statistik/aktuelle-zahlen.html
Ist aber ja auch ein Grund die Ortsnennung abzuschaffen 🙂